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Positionierung für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
Wie Du zur ersten Wahl für Deine Wunschpatient*innen wirst
In einem Gesundheitssystem im Wandel – geprägt immer weiterführende Differenzierung, steigenden Wettbewerb, informierte Patientinnen und ökonomischen Druck – wird es für niedergelassene Ärztinnen zunehmend wichtiger, sich klar und überzeugend zu positionieren. Während medizinische Qualität als selbstverständlich gilt, entscheidet die Wahrnehmung darüber, ob und warum eine Patientin sich für Deine Praxis entscheidet.
Dieser Artikel beleuchtet, warum Positionierung im ärztlichen Kontext entscheidend ist, welche Strategien sich aus der Literatur ableiten lassen – und wie Du Deine eigene Positionierung Schritt für Schritt entwickeln kannst.
1. Was ist Positionierung – und was ist sie nicht?
Der Begriff „Positionierung“ stammt ursprünglich aus der Markenstrategie und wurde durch Al Ries und Jack Trout in ihrem Werk „Positioning – The Battle for Your Mind“ (1981) geprägt. Die zentrale Idee:
„Positioning is not what you do to a product. It is what you do to the mind of the prospect.“
Das bedeutet: Positionierung ist die gezielte Gestaltung der Wahrnehmung. Sie zielt darauf ab, im Kopf Deiner Zielgruppe einen bestimmten Platz zu besetzen – idealerweise einen, der unverwechselbar mit Deinem Angebot verbunden ist.
Im Gesundheitswesen – speziell in der ambulanten Versorgung – geht es darum, als Arzt oder Ärztin für ein bestimmtes Problem oder für eine bestimmte Zielgruppe zur ersten Wahl zu werden. Nicht mehr und nicht weniger.
Positionierung ist nicht:
- ein Werbeslogan
- ein hübsches Praxislogo
- oder ein „Ich behandle alles“-Versprechen.
Sie ist eine strategische Entscheidung mit Auswirkungen auf Kommunikation, Angebot, Auftreten und Organisation.
2. Positionierung wirkt nach innen und nach außen
Die Positionierung ist nicht nur die Gestaltung der Wahrnehmung deiner Leistungen, sondern dient Dir auch als Richtschnur bei der Entwicklung Deiner Marke und Deiner Angebote. Als BMW in den 1960ern Probleme bekam, fand der damalige Verkaufsdirektor die Positionierung „Fahrfreude“. Das kam daher, das Mercedes die Positionierung als komfortabelste Autos besetzt hatte, und aufgrund technischer Begrenzungen ein Fahrwerk entweder komfortabel oder sportlich sein konnte. BMW wurde für diese Positionierung damals belächelt, doch sie wurde zum Beginn einer jahrzehntelangen Erfolgsgeschichte. Die Positionierung „Freude am Fahren“ diente dem Management und der Entwicklung als Richtschnur bei der Entwicklung der Modellpalette. Heute gehört BMW zu den wertvollsten Automarken der Welt. Marken wie Opel kämpfen schon lange mit Problemen, weil sie keine eindeutige Positionierung verfolgen und daher auf niedrige Verkaufspreise angewiesen sind. Saab hab das Rennen um Kunden überhaupt verloren – kannst Du dich an etwas erinnern, wofür diese Automarke stand?
Literaturbasis:
- Brandtner, Michael (2024): Siegermarken – die 10 ultimativen Denkmuster zum Marken- und Unternehmenserfolg, Linde Verlag
3. Warum ist Positionierung für Ärzte so wichtig?
Während in früheren Jahrzehnten Patienten einfach zum „nächstgelegenen Arzt“ gingen, sind heute Vergleichbarkeit, Transparenz und Individualisierung zentrale Faktoren.
Herausforderungen für niedergelassene Ärzte:
- Informationsflut und Online-Bewertungen
- zunehmende Zahl an Wahlärzten bzw. Privatpraxen und IGeL-Angeboten (individuelle Gesundheitsleistungen)
- Erwartung an individuelle Betreuung
- ökonomischer Druck bei gleichzeitigem Fachkräftemangel
BEREICH | WIRKUNG |
Patientengewinnung | Mehr passende Patienten |
Patientenbindung | höhere Zufriedenheit, häufigere Praxisbesuche |
Wettbewerbsdifferenzierung | Abgrenzung von Mitbewerbern in der Region |
Kommunikationsklarheit | Leichte Wiedererkennbarkeit, klare Sprache |
Mitarbeitergewinnung | Identifikation mit Werten und Spezialisierung |
Wirtschaftlichkeit | Höhere Auslastung, Fokus auf gut honorierte Leistungen |
Die Gesundheitsökonomen Schuster & Zorn sprechen in ihrem Buch „Praxisführung in der ambulanten Medizin“ (2020) von „strategischer Praxisentwicklung“ und betonen, dass Positionierung eine zentrale Führungsaufgabe ist, die sowohl medizinische als auch ökonomische Relevanz besitzt.
4. Welche Positionierungsstrategien gibt es – und welche eignen sich für Ärzt*innen?
A) Spezialisierung auf ein medizinisches Problemfeld
Klarer Fokus auf ein Krankheitsbild oder ein Themenfeld (z. B. „Migränezentrum“, „Long-Covid-Praxis“, „Praxis für Bioidentische Hormontherapie“, „Endometriosepraxis“ „Praxis für mehr Vitalität“).
Beispiel: „Ihre Ansprechpartnerin bei chronischer Erschöpfung und Burnout: Ganzheitliche Medizin für neue Energie.“
Literaturbasis:
- Kotler et al. (2017): Marketing Management, Kapitel zu Segmentierung und Differenzierung
- Ries & Trout (1981): Positioning: The Battle for Your Mind
B) Zielgruppenfokussierung
Fokus auf bestimmte demografische oder psychografische Gruppen – etwa „aktive Senioren“, „Frauen mit Kinderwunsch“, „Sportlerinnen“, „Manager unter Dauerstress“.
Beispiel: „Facharztpraxis für Orthopädie – spezialisiert auf ambitionierte Freizeitsportler 40+.“
C) Kombination von Leistungen (hybride Positionierung)
Verbindung komplementärer Kompetenzen, z. B. „Schmerzmedizin + Osteopathie“ oder „Gynäkologie + Ernährungsmedizin“.
Vorteil: Differenzierung und wahrgenommene Exzellenz durch Interdisziplinarität
D) Wertebasierte Positionierung
Stärkere emotionale Bindung durch ethische oder soziale Werte, z. B. „Medizin mit Zeit und Zuhören“, „Nachhaltige Hausarztpraxis – digital, papierfrei, patientenzentriert“
Erfolgreiche Positionierungen folgen der Formel:
Zielgruppe + Problemfeld + Besonderheit = klares Bild im Kopf
5. Der Weg zur eigenen Positionierung – ein 5-Schritte-Modell
Schritt 1: Analyse der eigenen Stärken und Interessen
- Was kannst Du besonders gut?
- Was macht Dir Spaß?
- Wo liegen Deine Kernkompetenzen?
- Was mögen Deine Patienten an Dir?
Tipp: Nütze Tools wie SWOT-Analyse oder ein kurzes Patienten-Feedbackformular.
Schritt 2: Zielgruppenanalyse
- Wer sind Deine Wunschpatienten?
- Was sind deren Sorgen, Wünsche und Bedürfnisse?
- Wo suchen sie Informationen? (z. B. Google, Social Media, persönliche Empfehlungen, beim Physiotherapeuten oder beim Personaltrainer,…)
- Wo sind diese Menschen anzutreffen? (Golf, Vernissagen, Gym,..)
Kotler betont: : „Gute Marktsegmente sind messbar, erreichbar, rentabel und dauerhaft.“
Schritt 3: Wettbewerbsanalyse
- Was bieten Kollegen in Ihrer Umgebung an?
- Welche Lücken bestehen?
- Welche Positionierungen sind bereits besetzt – und wie klar?
Tipp: Nutze z. B. Google Maps, Arztverzeichnisse und Praxis-Websites in der Umgebung.
Schritt 4: Entwicklung einer prägnanten Positionierungsbotschaft
- Max. 1–2 Sätze
- Klarer Nutzen
- Keine Fachsprache
- Wiedererkennungswert
Beispiel: „Ihre Hausärztin mit Fokus auf Stressmedizin und Schlafgesundheit – für mehr Energie und Lebensqualität ab 40.“
Schritt 5: Umsetzung in Kommunikation und Praxisstruktur
- Webseite, Google-Profil, Social Media, E-Mail-Signatur
- Patientenansprache am Telefon und in der Praxis
- Schulung des Teams
6. Fallbeispiel aus der Praxis
Dr. H., Urologe:
Nach Jahren als klassischer Urologe spezialisierte sich Dr. H. auf funktionelle Urologie. Er positionierte sich als Experte bei Harninkontinenz, Blasenfunktionsstörungen und für Neurourologie. Seit der klaren Positionierung erhält er mehr Terminwünsche und mehr Zuweisungen von Kollegen. Seine Patienten fühlen sich besser verstanden und er arbeitet mit größerer Zufriedenheit.
Fazit: Klarheit zieht an – Beliebigkeit kostet Energie
Eine scharfe Positionierung ist kein Werbegag, sondern ein strategisches Fundament für eine gesunde, wirtschaftlich tragfähige und sinnstiftende Praxis. Wer sich positioniert, entscheidet sich – für eine Zielgruppe, für ein Versprechen, für eine Richtung.
Oder wie Jack Trout sagt:
„If you don’t position yourself, someone else will do it for you.“
Literaturhinweise:
- Brandtner, Michael (2024). Siegermarken. Die 10 ultimativen Denkmuster zum Marken- und Unternehmenserfolg, Linde Verlag
- Ries, A., & Trout, J. (1981). Positioning: The Battle for Your Mind. McGraw-Hill.
- Kotler, P., Keller, K. L., Bliemel, F. (2017). Marketing Management. Pearson Studium.
- Schuster, R., & Zorn, J. (2020). Praxisführung in der ambulanten Medizin. Springer.
- Bruhn, M. (2019). Marketing für die Gesundheitswirtschaft. Springer Gabler.
- Zulehner, C. (2018). Strategisches Praxismanagement. Facultas Verlag.
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